22. November 2016, Thema: Aquatische Ökotoxikologie
Biotests bewerten Ozonung und Nachbehandlung von Abwasser
Die Ozonung ist ein etabliertes Behandlungsverfahren, um Mikroverunreinigungen aus Abwasser zu entfernen. Da bei der Ozonung jedoch labile toxische Reaktionsprodukte entstehen können, ist eine biologische Nachbehandlung notwendig. Mithilfe von Biotests hat das Oekotoxzentrum verglichen, wie gut die Ozonung in Kombination mit verschiedenen Nachbehandlungsverfahren ökotoxikologische Effekte verringern kann.
Über das Abwasser werden Flüsse und Seen mit zahlreichen Mikroverunreinigungen belastet, die unter anderem aus Pflegeprodukten und Arzneimitteln stammen. Das neue Gewässerschutzgesetz, das seit Anfang 2016 in Kraft ist, strebt daher den zielorientierten Ausbau der Schweizer Abwasserreinigungsanlagen (ARA) um eine zusätzliche Reinigungsstufe an. In Pilotversuchen haben sich besonders zwei Verfahren zur Entfernung der Spurenstoffe bewährt: Die Ozonung und die Behandlung mit Aktivkohle. Auch bei Abwässern, welche für eine Behandlung mit Ozon geeignet sind, können bei der Ozonung unerwünschte labile Reaktionsprodukte entstehen, die möglicherweise toxisch sind. Um diese Stoffe wieder aus dem Abwasser zu entfernen, ist eine Nachbehandlung mit biologischer Aktivität nötig, wozu verschiedene Verfahren eingesetzt werden können. Um deren Effizienz zu beurteilen, haben die Eawag und das Oekotoxzentrum auf der ARA Neugut verschiedene Nachbehandlungsmethoden der Ozonung verglichen. Finanziert wurde das Projekt vom Bundesamt für Umwelt.
Komplexe Biotestbatterie
Frühere Projekte hatten gezeigt, dass Biotests eine gute Ergänzung zu chemischen Analysen sind, um die Toxizität von ARA-Abwasser zu messen: Biotests erfassen nämlich gesamthaft die Wirkung komplexer Stoffgemische. Daher prüften Wissenschaftler des Oekotoxzentrums mit Biotests, ob die Ozonung schädliche Stoffe entfernt und ob es Unterschiede in der Effizienz der Nachbehandlungen gibt, labile Reaktionsprodukte zu entfernen. Dazu setzten sie einerseits Zellkulturen oder einfache Organismen wie Bakterien, Algen oder Wasserflöhe im Labor ein. Andererseits untersuchten sie Regenbogenforellen und Glanzwürmer in Durchflusssystemen direkt auf der ARA (siehe Tabelle). „Im Fish Early Life Stage Toxicity Test mit Forellen haben wir neben der Sterblichkeit auch zahlreiche subletale Endpunkte untersucht, die besonders empfindlich sind. Das waren allgemeine Entwicklungsparameter wie Schlupf, Aufschwimmen und Länge, aber auch Gewebeveränderungen und die Expression von schadstoffsensitiven Genen als Biomarker“, erklärt Cornelia Kienle vom Oekotoxzentrum.
Durchgeführt wurden die Versuche auf der ARA Neugut in Dübendorf, die 2014 als erste Schweizer ARA mit einer grosstechnischen Ozonung ausgerüstet worden war. Als mögliche Alternative zum bestehenden Sandfilter zur biologischen Nachbehandlung untersuchten die Forschenden einen Wirbelbett- und einen Festbettreaktor, in denen wie beim Sandfilter Bakterien in Biofilmen Stoffe biologisch umsetzen. Ausserdem wurden Filter mit granulierter Aktivkohle (GAK) betrachtet, und zwar sowohl mit unbeladener GAK als auch mit GAK, welche schon länger in Betrieb und daher mit organischen Stoffen beladen war. In GAK-Filtern werden organische Mikroverunreinigungen einerseits an die Kohle adsorbiert und andererseits durch den Biofilm auf der GAK abgebaut. Die Wissenschaftler verglichen die Wirkung des Abwassers auf die Biotest-Organismen nach der biologischen Reinigung, der Ozonung und den verschiedenen Nachbehandlungen.
Positive Effekte der Ozonung bestätigt
Die Testverfahren im Labor zeigten, dass die Ozonung effizient die Toxizität des Abwassers reduzierte: Die toxische Wirkung auf Leuchtbakterien wurde um 66% verringert im Vergleich zur biologischen Reinigung. Die Fotosynthesehemmung im Grünalgentest verminderte sich ebenfalls um 80% und die Wachstumshemmung um 73%. Die Fortpflanzung von Glanzwürmern auf der ARA wurde durch keine der untersuchten Abwasserproben signifikant beeinträchtigt. Auch die Entwicklung von frühen Lebensstadien von Regenbogenforellen im Durchfluss auf der ARA zeigte keine Unterschiede zwischen den verschiedenen Proben.
Die Resttoxizität des Abwassers nach Ozonung war sehr gering, das heisst die Behandlung mit Ozon bewirkte eine signifikante Verbesserung. Nur vereinzelt konnte eine geringe mutagene Wirkung nachgewiesen werden. Diese negativen Effekte konnten aber durch die verschiedenen Nachbehandlungsverfahren wieder effizient verringert oder eliminiert werden. Die geringe Resttoxizität nach der Ozonung machte es schwierig, zusätzliche Effekte der Nachbehandlungen in den Biotests zu bewerten. Die Ergebnisse für die Nachbehandlungen Sandfilter, Wirbelbett und Festbett waren nicht konsistent und erlauben daher keine Aussage. Nach dem unbeladenen GAK-Filter verringerten sich die Effekte im Leuchtbakterien-Test um weitere 31% und im Fotosynthese-Hemmtest um 66%. Dies ist vermutlich auf eine zusätzliche Entfernung von Mikroverunreinigungen durch den GAK-Filter zurückzuführen. Auch der beladene GAK-Filter brachte eine leichte Verbesserung.
Neue empfindliche Methoden
Eine Gewebeanalyse der Regenbogenforellen, die von Christina Thiemann an der Universität Tübingen durchgeführt wurde, zeigte, dass nach der Ozonung der Gewebezustand der Forellenleber immer noch schlechter als bei Kontrolltieren war. Die Behandlung mit unbeladener GAK verbesserte den Gewebezustand, während die anderen Nachbehandlungen nicht zu einer nachweisbaren Verbesserung führten. In den Forellen untersuchte Stephan Fischer von der Eawag auch Biomarker auf Genexpressionsebene. Diese zeigen an, ob und in welchem Mass die Organismen auf verschiedene Schadstoffgruppen reagieren. Die untersuchten Biomarker sind an Reaktionen wie der allgemeinen Stressantwort, oxidativem Stress, Umwandlung von Fremdstoffen, Regulierung des Immunsystems, hormoneller Wirkung und Reaktionen mit Schwermetallen beteiligt. Die meisten Biomarker waren nach dem biologisch gereinigten Abwasser erhöht. Die Ozonung verringerte dieses Signal. Die verschiedenen Nachbehandlungen erreichten weitere Veränderungen der Biomarkermuster, so dass sie denen der Kontrolltiere ähnlicher wurden, allerdings unterschieden sich diese weniger deutlich voneinander. Am deutlichsten war eine Verbesserung nach dem relativ frischen GAK-Filter oder dem Festbett zu erkennen.
Die verwendeten Biotests bestätigten, dass die Ozonung die Schadstoffbelastung des Abwassers und damit ökotoxikologische Effekte auf der ARA Neugut deutlich verringert. Da das Abwasser nach der Ozonung nur noch sehr wenig toxisch war, konnten kaum Unterschiede in der Effizienz der verschiedenen Nachbehandlungen aufgezeigt werden. Wenn man die Ergebnisse der Biotests zusammenfasst, erbrachte einzig der unbeladene GAK-Filter eine deutliche zusätzliche Reinigungsleistung zur Ozonung, die wohl durch eine zusätzliche Entfernung von Mikroverunreinigungen durch Sorption an den Filter zustande kommt. Bei den weiteren Nachbehandlungen konnte mit den meisten verwendeten Methoden keine konsistente Verbesserung nachgewiesen werden. Vereinzelt auftretende mutagene Effekte wurden jedoch durch alle Nachbehandlungsmethoden verringert, was auf ihre Effizienz bei der Entfernung von labilen Reaktionsprodukten hinweist.
Die Berichte zu diesem Projekt finden Sie bald unter folgendem Link.