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Dünnschichtchromatographie und Biotests kombiniert

24. Mai 2018, Thema: Aquatische Ökotoxikologie

Dünnschichtchromatographie und Biotests kombiniert

Die Kombination von chemischer Analytik und Biotests macht es möglich, toxische Stoffe in komplexen Mischungen zu identifizieren. Der Einsatz der Dünnschichtchromatographie beschleunigt die Analyse und erlaubt einen grösseren Probendurchsatz.

In unserer Umwelt kommen meist komplexe Gemische an Verunreinigungen vor, denen mit einer chemischen Einzelstoffanalyse schwierig beizukommen ist. Zum einen enthalten die Mischungen unbekannte Stoffe, die ohne grossen Aufwand nicht erfasst und identifiziert werden können. Zum anderen ist nicht klar, welche Stoffe überhaupt toxisch sind. Ein vielversprechender und effizienter Ansatz ist es, Hochleistungs-Dünnschichtchromatographie (HPTLC) mit Biotests und hochauflösender Massenspektrometrie zu koppeln: Das Oekotoxzentrum optimiert diese Methode zusammen mit der Eawag und der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, an der die Methode seit 2009 entwickelt wird. Finanziert wird das Projekt vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV. 

Problemfall komplexe unbekannte Mischungen

«Bis jetzt gibt es nur wenige praxistaugliche Methoden, um in komplexen Umwelt- und Lebensmittelproben toxische Stoffe zu identifizieren», sagt Projektleiter Alan Bergmann vom Oekotoxzentrum. «Gerade Lebensmittelverpackungen enthalten viele unbekannte Stoffe, die in die Lebensmittel und die Umwelt abgegeben werden können». Im vor kurzem gestarteten Projekt soll die Stoffzusammensetzung realer Proben wie Verpackungsmaterial, Trinkwasser und Gewässerproben charakterisiert werden. Als wichtige toxische Wirkung wurde zum einen die Östrogenität von Stoffen ausgewählt, die in Kunststoffen in Lebensmittelverpackungen und in Gewässern vorkommen. Die Stoffe werden für weitreichende Effekte in Tier und Mensch wie Populationseinbrüche und Fruchtbarkeitsprobleme verantwortlich gemacht. Als weitere wichtige toxische Wirkung für Mensch und Tier wird die Gentoxizität untersucht werden. 

Comeback der Dünnschichtchromatographie

Dünnschichtchromatographie erlebt derzeit ein Comeback, da die Entwicklung von HPTLC die Auflösung und Reproduzierbarkeit dieser einfachen Methode verbessert hat. Die Proben werden zunächst auf eine Dünnschichtplatte aufgebracht und die Einzelstoffe mit Hilfe von HPTLC gemäss ihrer Masse und Polarität aufgetrennt. «Komplexe Proben werden durch diesen Schritt so aufgereinigt, dass keine weitere Probenaufbereitung notwendig ist», erklärt Alan Bergmann. Als Biotest zum Nachweis östrogenaktiver Stoffe wurde der Hefezell-Östrogentest (YES) für den Einsatz auf Dünnschichtplatten adaptiert: In genetisch veränderten Hefezellen ist das Gen für den menschlichen Östrogenrezeptor mit einem Reportergen gekoppelt. Bindet eine östrogenaktive Substanz an den Östrogenrezeptor, so wird ein Reportergen abgelesen und führt zur Bildung des Enzyms β-Galaktosidase, das hier ein nicht fluoreszierendes Substrat zu einem fluoreszierenden Stoff umsetzt. Die Dünnschichtplatten werden nach Auftrennen der Stoffe mit den Hefezellen besprüht. Nach 3 Stunden werden die Platten dann mit dem Substrat besprüht und die Fluoreszenz der Platte gemessen. Diese Messung ist quantitativ. Die bioaktiven Banden werden aus der Platte ausgelöst und die Identität der bioaktiven Stoffe mit hochauflösender Massenspektrometrie (LC-HRMS/MS) aufgeklärt. 

Vielversprechender Ausblick

«Die neue Methode erlaubt es, östrogenaktive Stoffe in nur 3-4 Stunden anstatt 18 Stunden wie im traditionellen Mikrotiterplatten-YES zu messen», betont Alan Bergmann. «Auch die Nachweisgrenze scheint deutlich niedriger zu sein als bei den Mikrotiterplatten». Dadurch können nicht nur extrahierte und aufkonzentrierte Proben, sondern auch unveränderte Proben gemessen werden. «Wir haben 20 Substanzen ausgesucht, deren Verhalten im Test wir zunächst näher untersuchen wollen, darunter so heiss diskutierte Stoffe wie Bisphenol A, Nonylphenol und verschiedene Phthalate», erzählt Alan Bergmann. «Der nächste Schritt ist dann die Untersuchung von Umweltproben und von Extrakten aus Lebensmittelverpackungen wie Konservendosen». Ausserdem soll eine Kombination aus HPTLC und einem Test zur Messung der Gentoxizität etabliert werden: nämlich dem umuC-Test mit genetisch veränderten Bakterien, die eine Reparaturantwort von Zellen sichtbar machen. Hält die Methode, was sie verspricht, so könnte sie auch für Anwender in Routinelabors interessant sein.

Kontakt

Dr. Alan Bergmann
Dr. Alan Bergmann E-Mail Kontakt Tel. +41 58 765 6834

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