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Im Gespräch mit dem «Vater» des Oekotoxzentrums

22. Mai 2024, Thema: Aquatische Ökotoxikologie Bodenökotoxikologie Sedimentökotoxikologie Risikobewertung

Im Gespräch mit dem «Vater» des Oekotoxzentrums

Rik Eggen, ehemals stellvertretender Direktor der Eawag, war federführend bei der Gründung des Oekotoxzentrums 2008 und hat die Entwicklung des Zentrums bis zu seinem Ruhestand Ende 2023 eng begleitet, zuerst als Teil der Geschäftsleitung und später als Vertreter der Eawag im Gastinstitutsrat. Hier blickt er zurück auf seine Zeit mit dem Oekotoxzentrum.

Rik, du warst bei der Gründung des Oekotoxzentrums massgeblich beteiligt. Wie war die Ausgangslage und warum brauchte es ein Oekotoxzentrum?

Damals gab es nur wenig Expertise in der angewandten Toxikologie, sowohl für die Umweltwirkungen als auch für die Wirkungen auf den Menschen. Diese Lücke wurde politisch anerkannt und mittels der Motion Graf publik gemacht, die forderte aufzuzeigen, wie die unabhängige Lehre, Forschung und Information in den verschiedenen Bereichen der Toxikologie sichergestellt werden sollte. Alle bedeutenden Akteure aus Politik, Ämtern und Wissenschaft standen hinter dieser Forderung.

Es war allen wichtig, dass das bald angedachte neue Zentrum im Bereich Ökotoxikologie wissenschaftlich gut eingebettet ist. Die Eawag hatte bereits Expertise in diesem Bereich und erklärte sich bereit, diese Einbettung zu bieten. Wir waren damals aktiv daran, eine molekular-mechanistische Ökotoxikologie aufzubauen mit dem Ziel, die toxikologischen Prozesse in komplexen Ökosystemen zu verstehen. Auch der Transfer in die Praxis war bereits vorbereitet mit den ersten Ideen für ein Konzept zur ökotoxikologischen Fliessgewässerbeurteilung und der Arbeit an geeigneten in vitro Biotests. Bald kam die EPFL dazu, die ebenfalls ökotoxikologische Expertise hatte und besonders in der Untersuchung von Böden aktiv war.

Was waren damals die grössten Schwierigkeiten?

Die Schwierigkeiten damals waren dieselben wie heute: Was soll das Oekotoxzentrum leisten und wie wird es finanziert? Die Bedürfnisse im Bereich Ökotoxikologie waren und sind breit aber die Finanzierung reicht nicht für alles. So mussten Prioritäten gesetzt werden. Seitdem wurde – zusammen mit den Stakeholdern aus der Praxis – immer versucht, die Dienstleistungen für den bestehenden Finanzrahmen zu optimieren. Es wird aber auch immer wieder deutlich, dass die bestehende Grundfinanzierung nicht erlaubt, alle Themen der Ökotoxikologie zufriedenstellend abzudecken. Eine weitere Herausforderung ist es, die aufgebauten Kompetenzen längerfristig für die Praxis zu sichern

Du hast das Oekotoxzentrum lange eng begleitet. Was waren für dich in dieser Zeit die grössten Meilensteine?

Da gibt es vieles aufzuzählen. Seit der Gründung wurde eine ausgezeichnete wissenschaftliche und infrastrukturelle Zusammenarbeit mit der Eawag, der EPFL und auch der Fachhochschule Nordwestschweiz aufgebaut. Das Oekotoxzentrum hat sein Mandat als wissenschaftliches Dienstleistungs- und Beratungszentrum in einem intensiven und konstruktiven Austausch mit der Praxis etabliert und zusammen mit externen Partnern zahlreiche erfolgreiche Projekte mit grossem Impact abgeschlossen. Unter anderem hat es den Einsatz von Biotests für die Bestimmung der Umwelt- und Abwasserqualität optimiert und ökotoxikologische Qualitätskriterien für zahlreiche Stoffe abgeleitet, die zum Teil bereits Eingang in die Gewässerschutzordnung gefunden haben.

Es führt erfolgreiche Weiterbildungskurse für Fachleute durch und wurde in mehreren Evaluationen als vorausschauendes schweizerisches Kompetenzzentrum in internationalen Kontext anerkannt. Durch eine Integration des Grundbudgets in das Budget der Eawag und die längerfristige Finanzierung wurden Festanstellungen möglich. Heute habt ihr ein hochkompetentes Team, das die schweizweite Unterstützung und Beratung erst möglich macht. Die Zusammenarbeit mit dem Partnerzentrum SCAHT (Swiss Centre for Applied Human Toxicology) und zahlreichen Partnern aus der Schweiz und auch international ist ebenfalls bedeutend.

Was denkst du, was für die Zukunft besonders wichtig wäre? Welche Wünsche gibst du dem Oekotoxzentrum mit auf den Weg?

Ich hoffe, dass es gelingt, die Grundfinanzierung fürs Oekotoxzentrum zu erhöhen. Dies ist zum einen für weitere Festanstellungen in praxisrelevanten Themenbereichen notwendig, um die aufgebaute Expertise nicht immer wieder zu verlieren. Zum anderen um neue zukunftsweisende Methoden weiterzuentwickeln und an unsere Partner in der Praxis weitergeben zu können. Ich wünsche dem Oekotoxzentrum auch, dass der Grundgedanke «wissenschaftlich verankerte angewandte Ökotoxikologie für die Praxis und Gesellschaft» so weitergelebt wird und weitergelebt werden kann. Das war bei der Gründung essentiell und wird es bleiben.

Kontakt

Dr. Anke Schäfer
Dr. Anke Schäfer E-Mail Kontakt Tel. +41 58 765 5436

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