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Neue EU-Richtlinien für das Sedimentmanagement

09. November 2022, Thema: Aquatische Ökotoxikologie Sedimentökotoxikologie

Neue EU-Richtlinien für das Sedimentmanagement

Endlich gibt es Richtlinien zum Management von Sedimenten im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie. Sedimentmenge und Sedimentqualität können den Zustand von Gewässern nämlich entscheidend beeinflussen. Die Fachleute schlagen einen Ansatz für ein integriertes Sedimentmanagement vor, das die Bedürfnisse aller Nutzenden berücksichtigt.

Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) ist im Jahr 2000 in Kraft getreten. Obwohl die WRRL Sedimente erwähnt, geht sie nicht speziell auf deren Management ein. Die Ziele der WRRL – ein guter Zustand von Grundwasser und Oberflächengewässern – lassen sich jedoch nur dann erreichen, wenn auch Sedimente berücksichtigt werden. Um dies zu fördern, wurde im Jahr 2002 das europäische Sedimentnetzwerk SedNet gegründet. Die Expertinnen und Experten von SedNet haben jetzt entscheidend zu Richtlinien für das Sedimentmanagement im Rahmen der WRRL beigetragen. Diese Richtlinien wurden durch die Arbeitsgruppe ECOSTAT der Gemeinsamen Umsetzungsstrategie der WRRL erarbeitet, die die Umsetzung der WRRL im Hinblick auf den ökologischen Zustand unterstützt. Carmen Casado-Martinez vom Oekotoxzentrum ist Mitglied der Lenkungsgruppe von SedNet und eine der Koautorinnen des gerade veröffentlichten Expertenberichts.

Bedeutung von Sedimenten für die WRRL

Sedimente bestehen aus Partikeln unterschiedlicher Grösse, die das Bett und die Ufer von Flüssen, Seen, Flussmündungen und Küstengebieten bilden. Sie sind wichtig für alle Arten von Wasserlebewesen – Pflanzen nutzen sie als Substrat, Fische als Laichplatz und verschiedene sedimentlebende Organismen als Lebensraum – und spielen so eine essentielle Rolle für Wasserökosysteme. Ausserdem erbringen Sedimente wichtige Ökosystemleistungen: Sie gleichen die Morphologie von Flüssen und Küsten aus, verbinden Oberflächen- und Grundwasser und erhöhen die Bodenfruchtbarkeit. Menschliche Aktivitäten im Flusseinzugsgebiet können die Menge und Qualität der Sedimente verändern und so diese wichtigen Funktionen beeinträchtigen. Daher ist das Management von Sedimenten eine Grundvoraussetzung für das Erreichen eines guten Zustands im Sinne der WRRL.

Sedimentmenge ist entscheidend

Das Erreichen eines guten ökologischen Zustands hängt davon ab, dass die richtige Menge an geeignetem Sediment zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Menschliche Eingriffe in Flüsse und Seen haben die Gewässerstruktur stark verändert, so dass Sedimente oft nicht mehr natürlich transportiert werden. Wird der Sedimenttransport im Oberlauf eines Einzugsgebiets verändert, sind die Auswirkungen im gesamten Flussnetz und den damit verbundenen Mündungs- und Küstengebieten spürbar. Da viele Lebensräume im Wasser von Sedimenten abhängen, kann ein Überschuss oder Mangel an Sediment das Erreichen eines guten ökologischen Zustands behindern.

Das Erstellen von Sedimentbudgets ist ein guter Ansatz, um Gleichgewicht und Dynamik der Sedimentmenge zu verstehen. Gibt es Probleme mit der Sedimentmenge, so sind manchmal Massnahmen notwendig, um diese zu lösen. Je nachdem kann es zum Beispiel darum gehen, zu starken Run-off oder Erosion zu vermeiden, Transportbehinderungen zu beheben oder überschüssiges Sediment abzutragen.

Belastung von Sedimenten

Aber dies ist nicht das einzige Problem: Über Punktquellen, diffuse Quellen, Luft und Grundwasser gelangen nämlich Schadstoffe in Gewässer. Ein Teil davon lagert sich an die Partikel im Sediment an. So belastete Sedimente können den chemischen und ökologischen Zustand von Gewässern verschlechtern und schädliche Wirkungen auf Wasserorganismen haben. Dabei spielt die (Bio)Verfügbarkeit der Substanzen eine Schlüsselrolle.

Je nach den hydrologischen und chemischen Bedingungen dienen dabei Sedimente als Senke oder Quelle für Schadstoffe. Persistente Schadstoffe, die stark mit den Sedimenten verbunden sind, bleiben nach Ende ihres aktiven Eintrags lange im Einzugsgebiet. Remobilisiertes Sediment kann verschleppt werden, was zu einem unkontrollierten Transport der angelagerten Schadstoffe flussabwärts führt.

Bewertung der Sedimentbelastung

Viele der Schadstoffe im Sediment stehen auf der Liste der prioritären Stoffe der WRRL. Gemäss WRRL sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, ein Verzeichnis dieser Stoffe zu erstellen und die langfristigen Trends derjenigen Stoffe zu analysieren, die sich in Sedimenten und/oder Biota anreichern können. Die Mitgliedstaaten müssen weiterhin Massnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass Konzentrationen dieser Stoffe nicht wesentlich ansteigen. Die WRRL schreibt ausserdem vor, dass prioritäre Schadstoffe und andere Schadstoffe, die im Flussgebiet vorkommen, mit Hilfe von Umweltqualitätsnormen (UQN) bewertet werden müssen. Eine Überschreitung der UQN weist auf eine Gefahr hin und damit auf mögliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt.

Auf EU-Ebene sind diese UQN jedoch nur für Konzentrationen im Wasser festgelegt. Die Mitgliedstaaten können UQN für Sedimente auf nationaler Ebene festlegen und diese anstelle der Wasser-UQN anwenden, wenn die Sediment-UQN mindestens das gleiche Schutzniveau bieten. Dabei sind die Länder zwar nicht verpflichtet, UQN für Sedimente zu bestimmen. Sobald diese jedoch festgelegt und auf nationaler Ebene gültig sind, müssen sie auch eingehalten werden. Um die tatsächlichen Auswirkungen der belasteten Sedimente zu bewerten, können wirkungsbasierte Methoden wie Biotests und ökologische Indizes verwendet werden.

Priorisierung von Massnahmen

Oft sind Massnahmen notwendig, um die Belastung von Sedimenten zu verringern. Dabei sollten vor allem solche Massnahmen Vorrang haben, die die Belastung an der Quelle bekämpfen. Es ist nämlich leicht, Sediment zu kontaminieren, aber im Nachhinein oft schwierig, die Situation zu ändern. Daher ist es vernünftig, keine weitere Verschlechterung der Belastung zu erlauben und dort, wo die Sedimente noch (relativ) unberührt sind, eine Nullverschmutzung anzustreben. Zur Abschwächung der Belastung können Massnahmen eingesetzt werden, die die Mobilität und damit die Bioverfügbarkeit des belasteten Sediments verringern. Manchmal sind auch Sanierungsmassnahmen notwendig, die oft sehr kostspielig sind. Ein Teil der Sanierungsverfahren wird vor Ort angewendet (in situ), das kontaminierte Sediment kann aber auch ausgebaggert und an einen anderen Ort transportiert werden (ex situ).

Integriertes Sedimentmanagement

Sedimente sind sehr dynamisch und haben Wechselwirkungen mit vielen Nutzungen von Flusseinzugsgebieten. Daher empfehlen es die Fachleute, Sedimente integriert zu managen. Darunter verstehen sie einen Managementprozess, der es ermöglicht, die Ziele der WRRL mit den nutzungsbezogenen Bedürfnissen (z. B. Schifffahrt, Minderung des Hochwasserrisikos, Stromerzeugung aus Wasserkraft, Bewässerung) in Einklang zu bringen. Dabei sollte es das Ziel sein, den guten Zustand der WRRL zu erreichen oder zu erhalten und gleichzeitig die nachhaltige Nutzung der Wasserkörper sicherzustellen. Konkret werden Bewirtschaftungsziele für Sedimente in einem Flusseinzugsgebiet festgelegt und die Massnahmen definiert, die zur Erreichung dieser Ziele erforderlich sind. Die Planung eines solchen integrierten Sediment-Managements sollte Bestandteil der Bewirtschaftungspläne für Flusseinzugsgebiete sein. Alle Interessengruppen müssen dabei so früh wie möglich in den Prozess eingebunden werden.

Entwicklung und Umsetzung eines integrierten Sedimentmanagementplans

Zunächst sollten die Verantwortlichen die Gesamtziele zur Sedimentmenge und -qualität auf Ebene des Flusseinzugsgebiets definieren. Um zu den Zielen für einzelne Gewässerabschnitte zu gelangen, wird ein Skalierungsansatz eingesetzt, der die Abhängigkeit des kleineren Massstabs vom grösseren beschreibt. Als Grundlage dafür sind eine genaue Charakterisierung und Analyse des Systems notwendig. Die Ziele und Massnahmen sollten auf einem guten Verständnis der Prozesse im Einzugsgebiet sowie auf einer Analyse der Probleme und der Ursache-Wirkungs-Beziehungen beruhen. Die Massnahmen, die für das Sedimentmanagement festgelegt werden, müssen mit den Zielen für das Einzugsgebiet und für jeden einzelnen Wasserkörper übereinstimmen. Bei der Planung und der Auswahl von Massnahmen sollten die Probleme wenn möglich an der Quelle bekämpft werden, um aufwändige Sanierungen zu vermeiden. Die Planung für ein integriertes Sedimentmanagement kann nur dann erfolgreich sein, wenn dieses gut umgesetzt, überwacht und bewertet wird. Daher ist es wichtig, ausreichend personelle und finanzielle Ressourcen bereitzustellen.

Mehr Informationen

Common implementation strategy for the water framework directive (2000/60/EC). Integrated sediment management: Guidelines and good practices in the context of the Water Framework Directive.

Link zum Download (unter “List of other CIS thematic documents available on CIRCABC”)

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