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Wie können positive Effekte durch den ARA-Ausbau gemessen werden?

19. November 2024, Thema: Aquatische Ökotoxikologie Sedimentökotoxikologie Risikobewertung

Wie können positive Effekte durch den ARA-Ausbau gemessen werden?

Um zu beurteilen, wie sich der Ausbau der ARA Falkenstein auf die Gewässerqualität der Dünnern auswirkt, kommen zahlreiche Biotests und Biomarker zum Einsatz. Auch die Qualität von Lebensgemeinschaften und das Vorkommen von Antibiotikaresistenzen werden berücksichtigt. Die Messungen vor dem Ausbau zeigen klare Unterschiede zwischen der Gewässerqualität oberhalb und unterhalb des ARA-Ablaufs. Durch den Ausbau werden deutliche Verbesserungen erwartet.

Rückstände von Medikamenten, Reinigungsmitteln und Pestiziden in Gewässern können sich bereits in geringen Konzentrationen negativ auf Wasserlebewesen und auf Trinkwasserressourcen auswirken. Um die Belastung durch solche Mikroverunreinigungen zu reduzieren, werden in der Schweiz derzeit rund 120 Abwasserreinigungsanlagen (ARA) mit einer zusätzlichen Reinigungsstufe ausgestattet. Diese ARA sind seit der Änderung des Gewässerschutzgesetzes 2016 verpflichtet, Massnahmen zur Elimination von Mikroverunreinigungen aus dem gereinigten Abwasser zu ergreifen.

Wirkungskontrolle in der ARA Falkenstein

Auch die ARA Falkenstein in Oensingen (Kt. Solothurn) wird bis 2027 nicht nur umfassend erneuert, sondern auch mit einer zusätzlichen Reinigungsstufe zur Elimination von Mikroverunreinigungen durch Pulveraktivkohle und den Einbau einer Membranfiltration erweitert. Die ARA reinigt die Abwässer von 10 Gemeinden ebenso wie vorbehandelte Abwässer der Grosseinleiter Bell Schweiz AG und Swiss Quality Paper. Das gereinigte Abwasser leitet sie in die Dünnern ein, einen Nebenfluss der Aare. Um zu kontrollieren, wie sich der ARA-Ausbau auf die Gewässerqualität der Dünnern auswirkt, wird diese vor und nach dem Ausbau umfassend charakterisiert. Dazu werden Wasser- und Sedimentproben von Standorten oberhalb und unterhalb des ARA-Ablaufs analysiert – als Referenz hat das Oekotoxzentrum gemeinsam mit der Eawag und der Fachhochschule Nordwestschweiz nun zunächst den Ist-Zustand vor dem Ausbau untersucht.

«Um den Standort wirklich umfassend zu bewerten, haben wir zahlreiche Methoden eingesetzt, die zum Teil erstmals für eine solche Studie verwendet wurden», erklärt Projektleiterin Cornelia Kienle. Untersucht haben die Forschenden dabei Effekte auf Zellsysteme oder auf ganze Organismen, molekulare Auswirkungen auf die Genexpression, Auswirkungen auf die Lebensgemeinschaft von Sedimentorganismen und Auswirkungen auf das Vorkommen von antibiotikaresistenten Bakterien und Resistenzgenen (siehe Tabelle). «Die von uns verwendeten Methoden decken Effekte auf verschiedenen Ebenen ab und sind daher gut für die Wirkungskontrolle eines ARA-Ausbaus geeignet», hebt Cornelia Kiele hervor. «Wir konnten zum Teil deutliche Unterschiede zwischen der Gewässerqualität oberhalb und unterhalb des ARA-Ablaufs sehen.»

Biotests zeigen gute Wasserqualität

Die östrogene Aktivität im ARA-Ablauf und in der Dünnern, die durch einen Biotest mit einer menschlichen Zelllinie gemessen wurde, war relativ gering und es konnte kein Unterschied zwischen den Standorten oberhalb und unterhalb der Abwassereinleitung festgestellt werden. Der effektbasierte Schwellenwert, unterhalb dessen keine negativen Effekte auf Organismen zu erwarten sind, wurde nie überschritten, so dass die Wasserqualität für diesen Parameter an beiden Standorten gut war. Der kombinierte Algentest zeigte oberhalb der Abwassereinleitung für die Parameter Fotosynthesehemmung und Wachstumshemmung sogar eine sehr gute Wasserqualität an. Die Belastung stieg durch die Abwassereinleitung am Standort unterhalb der ARA etwas an, lag aber immer noch im Bereich für eine gute Wasserqualität. Im Fortpflanzungstest mit Wasserflöhen wurde zwar in allen Proben das Populationswachstum signifikant verringert. Der kritische Wert von 30 % Wachstumshemmung wurde allerdings nicht überschritten, was nicht auf eine hohe Wasserfloh-Toxizität hindeutet. Die Untersuchungen mit Fischzelllinien zeigten keine akute Toxizität der Proben auf die Zellen der Kiemenzelllinie.

ARA-Effekte auf Genexpression, Artgemeinschaften und Antibiotikaresistenz

Die Biomarker, die in den Zelllinien von Regenbogenforellen gemessen wurden, zeigten klare Unterschiede in der Genexpression zwischen den Standorten. So war die Expression von Genen für Biotransformation, allgemeinen Stress, die Regulation des Zellzyklus und die Immunantwort im ARA-Ablauf und in der Dünnern unterhalb des ARA-Ablaufs im Vergleich zum Standort oberhalb der ARA signifikant verändert. Bei den Bachflohkrebsen veränderte sich ebenfalls die Genexpression in der Dünnern unterhalb der ARA-Einleitung im Vergleich zu oberhalb.

Die Artzusammensetzung von Ringelwürmern (Oligochaeten) im Sediment der Dünnern veränderte sich durch den ARA-Ablauf stark. Die verwendete Methode für die Bewertung von Grobsedimenten mit Hilfe von Oligochaeten-Gemeinschaften erlaubt es nicht nur, die chemische Belastung zu bestimmen, sondern auch den Austausch zwischen Gewässer und Grundwasser und damit die Funktionsfähigkeit des Gewässers. Mit dieser Methode konnte das Oekotoxzentrum bereits an mehreren Standorten den Effekt von ARA auf die Sedimentqualität zeigen.

Auch das Vorkommen von Antibiotikaresistenzen, d.h. antibiotikaresistenten Bakterien und antibiotikaresistenten Genen, in der Dünnern veränderte sich durch den ARA-Ablauf. Unterhalb der ARA wurden mehr Antibiotika-Resistenzgene und mehr resistente Bakterien gefunden. Die Bakteriengemeinschaft in der Dünnern unterhalb der Abwassereinleitung wurde durch den Eintrag von Abwasserbakterien zum Teil deutlich verändert.

Vergleich mit Ergebnissen der chemischen Analyse

„Mit den chemischen Analysedaten des Kantons Solothurn haben wir das Risiko berechnet, das mit der Mischung der nachgewiesenen Schadstoffe verbunden ist. Die Ergebnisse zeigen, dass dieses Risiko unterhalb des ARA-Ablaufs für alle Organismengruppen - also Pflanzen, wirbellose Tiere und Wirbeltiere - steigt“, sagt Cornelia Kienle. «Wir haben also Effekte der ARA erwartet und konnten diese mit unseren Methoden auch nachweisen: Der Algentest zeigte Effekte auf Pflanzen an; Veränderungen der Genexpression zeigten Auswirkungen auf Wirbeltiere und Wirbellose und die Zunahme der Antibiotikaresistenz unterhalb der ARA verriet das Vorhandensein von Antibiotikarückständen. Die Substanzen mit dem höchsten Beitrag zum Gesamtrisiko waren die Antibiotika Azithromycin und Clarithromycin sowie das Schmerzmittel Diclofenac.“

Reduktion der Belastung durch ARA-Ausbau erwartet

Es ist geplant, die Gewässerqualität in der Dünnern 2028 oder 2029 mit denselben Methoden nochmals zu messen und so die Wirkung des ARA-Ausbaus zu evaluieren. «Die verwendeten Methoden haben es uns erlaubt, den Ablauf der ARA Falkenstein und die Wasser- und Sedimentqualität in der Dünnern vor dem ARA-Ausbau umfassend zu bewerten», sagt Cornelia Kienle. Insgesamt waren die Methoden, die teilweise zum ersten Mal in einer solchen Studie eingesetzt wurden, gut geeignet, um den Zustand der Dünnern zu erfassen. «Wir erwarten, dass die Effekte im ARA-Ablauf und in der Dünnern unterhalb des ARA-Ablaufs durch den ARA-Ausbau deutlich abnehmen», sagt Cornelia Kienle. «Nach der Aufrüstung sollte die Membranfiltration die Freisetzung von Bakterien und damit auch von Antibiotikaresistenzen weitgehend verhindern. Auch die Belastung durch Mikroverunreinigungen sollte sich verringern und so die gemessenen Wirkungen reduzieren.» Insgesamt kann also eine deutliche Reduktion der Belastung nach dem Ausbau erhofft werden.

Kontakt

Dr. Cornelia Kienle
Dr. Cornelia Kienle E-Mail Kontakt Tel. +41 58 765 5563

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